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Geh’ mit Gott, Covid, aber geh’

Kraftwerk Ruppoldingen Aare Rothrist Kr. AG, CH. Bild ohne Zusammenhang mit Text ;-) (Foto Verena Kohler 2021)

Nachdem nun endlich ein Ende der Maßnahmen in Sicht ist, wird es höchste Zeit für einen Rückblick auf die Corona-Zeit von der Warte eines Einzelunternehmens aus. 

Januar 2020, der Kalender von Haustiersitter.ch füllt sich (zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Gedanken ans Zurückkehren in die mütterliche Heimat einmal mehr beiseite geschoben). Es gibt Berichte, dass in China ein Virus grassiert. China ist am anderen Ende der Welt, wen interessiert das schon. Februar 2020, erste Meldungen aus Italien. Oh? Ok, Italien ist ja nicht die Schweiz, wen interessiert das schon. Ich bin sicher, in Österreich fühlte es sich ebenso an. Und plötzlich geht es schnell. Die Bevölkerung findet sich wieder in Behördenmeldungen, Ängsten und Toilettenpapiereinkaufshysterie. 

Alle sind leicht genervt, aber sie buchen Ferien und mich als Haustiersitter. Ich habe Aufträge bis Weihnachten. Stammkunden reservieren gerne so früh wie möglich. Es folgt ein Hin und Her. Einschränkungen, Reisestopps, doch wieder Öffnungen und so weiter. Die Mehrzahl meiner sicheren Aufträge wird storniert. Viele Kunden bieten an, mir für den Ausfall eine Entschädigung zu zahlen, was ich nicht möchte. Keine Leistung = kein Geld, so einfach ist das in meinen Augen. 

Monatelang geht es nun so weiter. Meine Kunden buchen Urlaub und Tierbetreuung und ich entwickle ein gutes Gespür dafür, wer am Ende wirklich fahren kann und wer nicht. Meine Kunden wissen, sie dürfen mir auch noch einen Tag vor den geplatzten Ferien absagen. Es geht einfach nicht anders in diesem mühseligen Jahr. Nachher, wenn endlich wieder alles ist, wie es sich für freie Länder und freie Menschen gehört, bin ich dankbar, wenn ich es früh, erfahre, sollte eine Stornierung nötig werden. Aber bis jetzt, etwas nach Mitte Juni 2021, muss ich da als Dienstleister durch. Es ist ja nicht so, dass mich meine lieben Kunden freiwillig im Ungewissen lassen. 

Recht bald nach Beginn der umfangreichen Maßnahmen beginnen die Diskussionen über die Finanzen. Es wird über Gastro geredet und über Friseure etc. Nicht nur ich frage mich, wer eigentlich die Grenzen zieht zwischen systemrelevant und nicht systemrelevant und was soll diese Einteilung überhaupt? Es heißt, man kann “Corona-Kredit” beantragen. Nicht mal ohne buchhalterische Ausbildung wäre mir sofort klar gewesen, dass das für mich in Frage kommt. Geld gibt es nie gratis, niemals und nirgends. Ich mache gewiss keine Schulden, um sie später mühsam beiseite schaffen zu müssen. Mit diesem Gedanken war das Thema “Corona-Unterstützung” für mich erledigt. Ich betreute die Tiere der Kunden, die eine Ferienwohnung in der Schweiz fanden und einiger Neo-Camper. 

Daneben hatte ich noch die Handvoll Gewerbe- und Wohnliegenschaften für die wöchentliche Unterhaltsreinigung. Genau diese hielten mich knapp über Wasser, was eigentlich nicht ganz der Wahrheit entspricht, denn ich hatte Reserven.

Aufgeben wegen Corona?

Nein! Wo wäre denn der Sinn von Aufgeben gewesen? Den massiv geschrumpften Ertrag ganz aufgeben, um in dieser Zeit eine Stelle zu suchen? Mit 50? Ich nehme an, dieses Alter ist in Österreich bei der Stellensuche genauso hilfreich wie in der Schweiz. Genau das riet mir aber jemand aus dem Bekanntenkreis. Diese Person ist jetzt nicht mehr in meinem Bekanntenkreis. Hin und wieder führe ich Löschaktionen durch und da fallen dann Personen weg, mit denen mir einfach nicht so wohl ist. Ich kann das nur empfehlen.
Auf jeden Fall war aufgeben ganz sicher keine Option. In gewissen Momenten fällt mir meine Mutter Erna ein. Ich war ein Teenager. Wir standen in der Küche und ich weiss nicht mehr, was der Anlass war, dass sie zu mir sagte: “Wenn du bis zum Hals im Wasser stehst, darfst du den Kopf nicht hängen lassen, sonst ersäufst du.” Ich dachte damals: ‘Blablabla, was weißt du schon vom Leben …’ 😀 35 Jahre später weiss auch ich, dass sie recht hatte. Das und anderes fiel mir ein und ich war gewillt, diesen Unfug auszusitzen. 

Nicht nur das, im Frühjahr 2021 fügte sich Teilchen um Teilchen im Lebenspuzzle und der Augenblick kam, als mir absolut klar war: “Ich tue es. Ich übersiedle nach Österreich. JETZT.”
Tatsächlich habe ich mich hingesetzt und geprüft, was zu prüfen war. Viel zu überlegen gibt es in so einem Fall eh nicht. Einige Fakten prüfen und sich selber die richtigen Fragen stellen und dann Nägel mit Köpfen machen. Entscheidungskompetent würde ich das nennen. 

Seither stecke ich in den Vorbereitungen zum Länderwechsel. Der Bekanntenkreis hat sich weiter reduziert. Was soll ich mit Menschen, die mir erzählen, dass ich das sicher nicht schaffen werde? Seitens Schweizer Kunden wird Bedauern geäussert, aber auch Zuspruch. Bereits melden sich neue Kunden, worüber ich mich riesig freue!
Mir fällt auf, dass ich in letzter Zeit sehr oft schreibe, wie sehr ich mich freue. Falls das den Lesern meiner Beiträge auch ins Auge fallen sollte, kann ich sie trösten: Es gibt Menschen, denen ich das an die zehn Mal innert 24 Stunden schreibe. 

Was bleibt von Corona?

Für mich persönlich nichts. Ich hoffe, dass die Menschen weiterhin den Abstand einhalten beim Einkaufen und irgendwo anstehen. Das fand ich positiv, dass einem nicht mehr von wildfremden Leuten in den Nacken gehaucht wurde. Diese ganzen Maßnahmen und Covid überhaupt müssen jetzt subito ein Ende haben. Meine Kunden möchten wieder frei reisen. Es muss wieder so sein, dass die Tierbesitzer in Niederösterreich und überall ohne Sorgen ins Reisebüro gehen und buchen können. Dass die Tierbetreuung Ratz und Katz nach NÖ kommt, spricht sich ja langsam rum.
Ob es sehr schlecht ist fürs Google Ranking, wenn ich jetzt wieder schreibe, dass ich mich wirklich sehr freue? ♥